Österreich am Scheideweg

Endet das Online-Glücksspiel-Monopol 2025?

Das Ende des Glücksspiel-Monopols scheint in Österreich eine unendliche Geschichte zu sein. Immer wieder kommt das Thema auf, ohne Änderungen für die Glücksspielregulierung mit sich zu bringen. Auch wir haben auf AustriaCasino bereits einige Male darüber berichtet. Diesmal könnte es tatsächlich so weit sein. In diesem Artikel sehen wir uns die Hintergründe, eine mögliche Umsetzung der Reform sowie aktuelle Hindernisse an.

Österreich am Scheideweg

Hintergrund: So ist das Glücksspiel in Österreich geregelt

Das Glücksspielgesetz (GSpG) regelt das Glücksspiel in Österreich seit 1990. Es verfolgt Ziele wie Spielerschutz, Fairness und staatliche Einnahmen. Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) ist die zuständige Aufsichtsbehörde, die Lizenzen vergibt und die Einhaltung der Vorschriften überwacht.

Aktuell wird das Glücksspiel in Österreich überwiegend von Casinos Austria und den Österreichischen Lotterien dominiert, die eine exklusive Lizenz für landbasierte und Online-Glücksspiele haben.

Obwohl das GSpG auf Bundesebene den Rahmen setzt, haben die Bundesländer eigene Vorschriften für lokale Glücksspielaktivitäten. Diese föderale Struktur führt zu unterschiedlichen Regelungen, was neuen Anbietern den Zugang auf den österreichischen Markt ebenfalls erschwert.

Expertenmeinung zum aktuellen Glücksspielmonopol und einer möglichen Marktöffnung
“Ich spreche mich für eine Öffnung des Glücksspielmarktes und die Abschaffung des derzeitigen Glücksspielmonopols aus. Stattdessen sollte ein strenges, klar reguliertes Konzessionssystem eingeführt werden. Der aktuell praktizierte Spielerschutz – insbesondere jener der Casinos Austria (CASAG) – ist aus meiner Sicht unzureichend. Die Überprüfung, ob ein Spieler durch sein Verhalten sein Existenzminimum gefährdet, erfolgt lediglich oberflächlich; konkrete Einkommens- oder Vermögensnachweise werden selten eingefordert.

Einem meiner Mandanten wurde von einem CASAG-Mitarbeiter sogar nahegelegt, im Beratungsformular anzugeben, er habe seine Spielgelder aus Kryptowährungsgewinnen lukriert. Das vermittelt den Eindruck, dass es wichtiger sei, den Spieler als Kunden zu behalten, als ihn wirksam vor einer existenzbedrohenden Spieltätigkeit zu schützen.Besonders problematisch ist, dass es kein betreiberübergreifendes Sperrsystem gibt. Wird ein Spieler bei einem Anbieter gesperrt oder beschränkt, kann er ohne weiteres beim nächsten legalen Anbieter weiterspielen. Ich vertrete Mandanten, die bei der CASAG Hunderttausende Euro verloren haben, dort besuchsbeschränkt wurden und unmittelbar danach in einem winwin-Outlet der Österreichischen Lotterien (ÖLG), einer CASAG-Tochter, weitere massive Verluste erlitten haben – ohne dort jemals gesperrt zu werden.

Die behördliche Kontrolle der Spielerschutzbestimmungen findet, soweit mir bekannt ist, faktisch nicht statt. Das Monopol wurde unter anderem mit dem Argument geschaffen, wenige Anbieter seien leichter zu überwachen als viele. Das tatsächliche Problem ist jedoch, dass selbst diese wenigen nicht kontrolliert werden.Eine Marktöffnung würde aus meiner Sicht zu einer deutlichen Verbesserung führen. Mitbewerber könnten sich gegenseitig durch Unterlassungsklagen kontrollieren, sobald ein Anbieter gegen gesetzliche Vorgaben verstößt und sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Dieses Instrument würde dazu führen, dass sich sämtliche Glücksspielanbieter an die spielerschützenden Bestimmungen halten müssen. Eine Öffnung des Marktes würde auch zu mehr Steuereinnahmen führen, was zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch kein Nachteil für Österreich wäre.”

Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin und Mediatorin

Warum die Veränderung gerade jetzt auf der Tagesordnung steht

In den letzten Jahren haben sich zunehmend Rechtsstreitigkeiten entwickelt, in denen Spieler Rückforderungsansprüche gegen Glücksspielanbieter geltend machen. Zudem hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) wiederholt in Urteilen, wie etwa im Fall „Betfair“ (C-203/08), klargestellt, dass ein Glücksspielmonopol gegen die Grundsätze der freien Dienstleistungsfreiheit im Binnenmarkt der EU verstößt. Dies erhöht den Druck, das bestehende Modell zu überdenken.

Die EU-Rechtsprechung fordert eine Öffnung des Marktes, da das österreichische Monopol gegen die Prinzipien des freien Dienstleistungsverkehrs verstößt. Während Anbieter aus anderen EU-Staaten Zugang zum österreichischen Markt verlangen und den aktuellen Alleinanbieterstatus infrage stellen.

Doch auch auf politischer Ebene wird das bestehende Monopol hinterfragt. Gleichzeitig üben Branchenverbände und Glücksspielbetreiber zunehmend Druck auf die Regierung aus, ein Multi-Lizenzsystem einzuführen. Dies würde den Markt öffnen, mehr Wettbewerb ermöglichen und zugleich den europäischen Vorgaben entsprechen.

Expertenmeinung: Haben sich die Entscheidungen des EuGH auf die Anzahl der Anfragen ausgewirkt, die Sie in Bezug auf das Online Glücksspiel erhalten?
“Zunächst ist festzuhalten, dass unsere Kanzlei vorwiegend anbieterseitig berät und vertritt. Die – steigende – Zahl an spielerseitigen Anfragen möchte ich daher ausklammern. Anbieterseitig lässt sich eine leichte Steigerung mit der Vertretung in Spielerverfahren über die Rückforderung von Einsätzen, die gegenüber nicht in Österreich konzessionierten Online-Anbietern getätigt wurden, sowie natürlich vor dem Hintergrund der bevorstehenden Neuvergabe der Glücksspielkonzessionen feststellen. Man kann hier beinahe von einer Art Goldgräberstimmung sprechen.”

Rechtsanwalt Dr. Andreas Huber, Managing Partner bei HUBER|Lawfirm

Wie eine Reform aussehen könnte

Ein Multi-Lizenzsystem, das es in Ländern wie Großbritannien, Deutschland und Schweden bereits gibt, könnte auch in Österreich eingeführt werden. Dadurch würde der Markt für EU-weit tätige Anbieter geöffnet, während der Staat die Lizenzvergabe und Aufsicht behält, um Spielerschutz und Steuereinnahmen zu sichern.

Mögliche Lizenztypen und Bedingungen

Bei einer Reform könnten verschiedene Lizenztypen entstehen, die je nach Glücksspielart unterschiedliche Anforderungen stellen, die in folgende Kategorien fallen:

  • Steuern und Abgaben für Anbieter
  • Spielerschutzmaßnahmen wie Selbstausschluss oder Altersverifikation
  • Geldwäscheprävention und regelmäßige Prüfungen
  • Werberegulierung

Technische und Vollzugsfragen

Für eine erfolgreiche Umsetzung wären technische Maßnahmen erforderlich, wie etwa:

  • Zuverlässige Altersverifikation und digitale Identitätsprüfungen
  • Zahlungsüberprüfung zur Bekämpfung von Geldwäsche
  • Sperrmechanismen für Spieler, um Suchtverhalten vorzubeugen

Beteiligte Akteure und ihre Interessen

Der Staat interessiert sich für Steuereinnahmen und die Umsetzung öffentlicher Ziele wie Spielerschutz und Suchtprävention. Ein multi-lizenzierter Markt könnte zusätzliche Einnahmen generieren, während gleichzeitig Risiken wie Spielsucht und der Schutz von Minderjährigen adressiert werden.

Betreiber streben nach Marktzugang und Wettbewerbsvorteilen durch einen offenen Markt. Doch sie müssen hohe Compliance-Kosten für gesetzliche Anforderungen einkalkulieren. Zugleich sinken jedoch durch eine klare Regelung die Rechtsrisiken.

Spieler profitieren von einem größeren, legalen Angebot und mehr Markttransparenz. Ein starker Spielerschutz, zum Beispiel durch Altersverifikation und Selbstausschluss, ist ebenfalls in ihrem Interesse. So auch der Schutz vor aggressiver Werbung und potenziellen suchtfördernden Praktiken.

Sollte ein Multi-Lizenzsystem eingeführt werden, geht die Österreichische Vereinigung für Wetten und Glücksspiel (OVWG) laut SiGMA von 20 bis 30 Bewerbern sowie bis zu 1,4 Milliarden Euro in Steuereinnahmen bis zum Jahr 2031 aus.

Expertenmeinung: Welche Auswirkungen hätte eine Glücksspielreform aus rechtlicher Perspektive für Spieler?
“Die Forderungen des Glücksspielmarktes an die Politik sind bestens bekannt und liegen seit Jahren auf dem Tisch. Fraglich ist natürlich, was davon letztlich auch umgesetzt wird. Ungeachtet der Frage, ob man Monopole befürwortet oder ablehnt, muss jedoch festgehalten werden, dass die Vorteile einer Marktöffnung, ja sogar einer abgespeckten Variante der Teilöffnung eines Oligopols klar überwiegen. Dies sowohl für die Spieler als auch für die dann legalen Anbieter, weil ein rechtssicheres Angebot auch immer ein hohes Maß an Spielerschutz bedeutet. Die oftmals verwendete Bezeichnung als „Graumarkt“ für Geschäftsmodelle, bei denen auf Basis einer ausländischen Lizenz nach Österreich hinein angeboten wird, täuscht. Aus rechtlicher Perspektive ist dieses Angebot ohne weiteren Interpretationsspielraum illegal – mit allen Konsequenzen des Strafrechts, des öffentlichen Rechts und letztlich auch des Wettbewerbsrechts.”

Rechtsanwalt Dr. Andreas Huber, Managing Partner bei HUBER|Lawfirm

Rechtliche Hürden und realistischer Zeitrahmen

Ein zentrales rechtliches Hindernis für eine Marktöffnung ist der Bestandsschutz der exklusiven Lizenzen für Anbieter wie Casinos Austria und die Österreichischen Lotterien. Diese Lizenzen gewähren den aktuellen Betreibern exklusive Rechte, die schwer zu ändern sind. Zudem gibt es laufende Gerichtsverfahren und Rechtsstreitigkeiten.

Die politischen Entscheidungsträger in Österreich, insbesondere das Finanzministerium und die Landesbehörden, müssen eine umfassende Reform vorbereiten. Der Ablauf wird voraussichtlich mehrere Jahre in Anspruch nehmen, da gesetzliche Anpassungen, Konsultationen und mögliche Verhandlungen mit betroffenen Interessenvertretern notwendig sind.

Es gibt verschiedene Szenarien für die Reform:

  • Schnelle Liberalisierung: Ein rascher Übergang zu einem multi-lizenzierten Markt, der die bestehenden Monopole auflöst und den Wettbewerb stärkt.
  • Gestufter Öffnungsprozess: Eine schrittweise Öffnung des Marktes, die zunächst bestimmte Glücksspielarten oder Anbieter einbezieht.
  • Verharren beim Status quo: Das bestehende Monopolmodell bleibt bestehen, insbesondere wenn politische Widerstände oder rechtliche Hürden eine Reform verzögern.

Wie wahrscheinlich ist eine Reform?

In den kommenden Monaten wird es entscheidend sein, politische Signale genau zu verfolgen. Hinweise auf eine bevorstehende Reform könnten ein erster Gesetzentwurf, die Einrichtung eines parlamentarischen Ausschusses zum Thema Glücksspiel oder öffentliche Äußerungen des Finanzministeriums und anderer staatlicher Stellen sein. Auch Branchenverbände und Spieler­schutz­organisationen werden versuchen, ihre Positionen deutlicher zu machen, was zusätzliche Hinweise auf die politische Richtung geben kann. Darüber hinaus gilt es, juristische Entwicklungen in der EU zu verfolgen. Anstehende Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs sowie mögliche Schritte der EU-Kommission – etwa Vertragsverletzungsverfahren oder Stellungnahmen zu nationalen Regelungen – könnten erheblichen Einfluss darauf haben, wie rasch und in welchem Umfang Österreich seine Glücksspielgesetze anpassen muss.

Autor
Larissa Bäuml
Casino-Spezialistin für Österreich

Seit über 15 Jahren ist Larissa in der iGaming-Branche tätig und hat sich auf fundierte Analysen von Online-Casinos und Spielautomaten spezialisiert. Ihre Karriere begann 2010 bei bwin – seitdem hat sie mehr als 400 lizenzierte Casinos und über 40 verschiedene Slots getestet. Durch ihren konsequenten Fokus auf faire, transparente und gut recherchierte Bewertungen zählt sie heute zu den anerkannten Expertinnen des österreichischen Glücksspielmarkts und genießt sowohl bei Spielern als auch in der Branche großes Vertrauen.

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